Die diesjährige transmediale steht unter dem Thema AFTERGLOW und hatte gestern Abend ihre offizielle Eröffnung im Haus der Kulturen der Welt.
Unter AFTERGLOW versteht man den „Staub“, der entsteht, wenn eine Hochglanzfläche zu bröckeln beginnt. Und so widmet sich das Festival für digitale Kunst und Kultur dieses Jahr dem „Postdigitalismus“.
Leider habe ich den Beginn der Eröffnungsreden verpasst, aber meine persönliches Highlight sollte Bruce Sterling werden, ein amerikanischer Novelist, Cyberpunk und Sozialkritiker, der mich schon einmal auf der see conference unfassbar amüsiert hat. Und er hat mich nicht enttäuscht. Fast angewidert sprach er vom kalifornischen Goldrausch und deklariert Konzerne wie Intel, Amazon und Facebook immer wieder zum Feindbild unserer kulturellen Intelligenz. Als „Bad habits“ sieht er sie an, mit ihren Müllbergen an Daten über uns und ihrem Drang uns vorzuschreiben, was wir morgen zu konsumieren wollen haben.
Stattdessen hat es ihm Arduino angetan. Ursprünglich ein einfach zu handhabender Microcontroller, der mittlerweile zum Symbol der Bewegung der Hackerszene aufgestiegen zu sein scheint. Nachdem ich im Studium selbst davon Gebrauch gemacht habe – entstanden ist dabei unter anderem in Zusammenarbeit meiner Kollegin Birgit Heinz der kleine Roboter „Gotthard“ – hat Sterling natürlich spätestens damit mein kleines Hackerherz erobert. Auffordern wollte er damit zum DIY der technischen Gerätschaften, die wir für unser tägliches Leben benötigen. Somit könnten wir gewährleisten Produkte zu erschaffen die unserem individuellen Lebensstil zu 100 % entsprechen und könnten Daten- als auch Hardwaremüll radikal reduzieren. Selbstbestimmung ist also wieder angesagt – erst denken und dann bestenfalls selbst produzieren, statt einfach nur zu konsumieren.
Erwähnen muss ich noch, dass ich Sterlings Art zu vorzutragen immer völlig beeindruckend finde. In all seiner Anprangerei bekommt man immer das Gefühl, dass er sich in jedem Moment nach vorne beugt um sich zu übergeben. Er ist eben ein sehr lebendiger (amerikanischer) Redner und deshalb wohl so gern gesehen auf solchen Veranstaltungen.
Nach den Danksagungen des Kurators eröffnete dann die begleitende Ausstellung „Art Hack Day Berlin“, in der zahlreiche Künstler ihre Projekte zur Thematik ausstellen konnten. Entstanden sind diese in einem 48 Workshop im LEAP, einem Lab für elektronische Kunst ud Performance.
Die letzten Jahre war ich immer etwas enttäuscht von der Zusammenstellung der für mich oft unzugänglichen und meist wenig interaktiven Ausstellungsobjekte. Dieses Jahr durfte man positiv überrascht sein. Ein kleines Art-Lab wurde in die Ausstellungsfläche integriert. Über zwei Etagen konnte man eintauchen in eine Welt voller digitaler und analoger „Müllreflexionen“. Man wurde zu absurden Stempelaktionen aufgefordert, mit Henna (!!!) bemalt, um das vermeintlich nicht humane Gegenüber entlarven zu können, konnte Bingo mit den meist genannten Wörter der transmediale Spielen und wurde zu Schweigeminuten für den Datenmüll aufgefordert. Viele Projekte schufen eine schöne Mixtur aus analogen und digitalen Medien und man kam sich vor wie auf einer riesigen Spielwiese. Das habt ihr dieses Mal gut hinbekommen, liebes transmediale- Team! Dieses Jahr kann ich also besten Gewissens eine Empfehlung für euch aussprechen.
Die Ausstellung läuft noch bis 2. Februar 2014 und wird von einem ausgiebigen Festivalprogramm, als auch wie jedes Jahr vom club transmediale begleitet.
Und nun noch eine Anmerkung in eigener Sache: Dieser Blogpost wurde von mir im Flugzeug via Smartphone erstellt (eine Premiere!). Verzeiht mir falls er etwas anders aussieht als normalerweise, denn ihr seht ihn in seiner vollen Pracht eher als ich selbst. Ich hoffe nicht zu viel Bitmüll produziert zu haben … Cheers!