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The Notwist im Heimathafen Neukölln

By 2014/02/27Juni 16th, 2014Musik

Ja, diese beiden Bilder vom Konzert des gestrigen Abends sind mein voller Ernst. Denn zu mehr war ich einfach nicht mehr im Stande, als Aloa Input und The Notwist ihre wunderbare Musik mit uns geteilt haben. Ich hatte mir zwar ein schönes Plätzchen mittig kurz vor der Bühne gesichert, aber trotzdem meine ich behaupten zu können, dass die typische Smartphone-Handgestik, die sämtliche früher übliche Konzertgesten mittlerweile vollständig ersetzt zu scheinen hat, gestern weitgehend ausblieb. Die sozialen Netzwerke mussten also ein paar Stunden ohne uns auskommen.

Ganz heimelig ging es zu im schönen Heimathafen Neukölln. Das Publikum erschien mir fast wie viele bekannte Gesichter, obwohl ich bis auf meine Mitstreiter und Konzertkartenschenker niemanden gekannt habe. Denn die alteingeschworenen Indieanhänger haben sich gestern dort die Hände gereicht und ein wenig hat mich das Ganze an meine Studentenzeit erinnert, deren freie Stunden ich im besten Fall auf genau solchen Konzerten verbracht habe.

Los ging es fast pünktlich mit den schon erwähnten Aloa Input. Die bayrische Experimental-Pop-Band nennt ihren  Musikstil eigentlich »New Weird Bavaria«. Was auch immer das bedeuten mag – selbst darauf gekommen wäre ich jetzt nicht. Ihre Musik ist  popig bis angenehm elektronisch, manchmal so leicht wie ein warmer Sommertag am See und zwischendurch dann doch wieder fahrtaufnehmend krautrockig laut und fordernd. Auf drei schmalen Leinwänden im Hintergrund wurde man dann auch noch visuell in den Sog aus Super-8-ähnlichen Filmschnippseln von Delphinen, Stuntautos und vorbeiziehenden Wolken gezogen. Ein toller Einstieg in den Abend, eine gute Vorbereitung auf The Notwist und am Ende ein wohlverdienter begeisterter Applaus vom Publikum. 

Nach dieser schönen Einführung in den Abend wanderte die Menge noch ein Stückchen enger zusammen, als dann endlich The Notwist die Bühne für sich einnahmen. Gewohnt zurückhaltend ging die Band fast unter in ihrer glühwürmchenerfüllten Lichtshow, wird eins mit der Bühne, man findet keinen Punkt, an dem die Augen ruhen, denn es gibt einfach keine Rampensau bei den Jungs. Ganz selbstverständlich ruhen sie in ihrer eigenen Musik. Dieser räumen sie maximalen Platz ein und dank der guten Akustik im Heimathafen konnte man voll eintauchen in die Melancholie, in die bittertraurigen Texte und wunderschönen Sounds. Irgendwie war es wie immer, denn The Notwist bleibt sich im Kern treu. Aber irgendwie war es auch ganz anders, denn mit den neuen Liedern ist ihr Sound noch einmal so viel komplexer und experimenteller geworden. Man fühlt sich am richtigen Ort abgeholt und zugleich in eine völlig neue Welt getaucht. Und man spürt diese unglaubliche Liebe zur Musik. Ich kann es gar nicht in Worte fassen, aber jeder einzelne Ton scheint wie ausgewählt zu sein und doch wird dieser Perfektionismus nie unangenehm, denn ihre Setlist spielt The Notwist fast so als fühlten sie sich ganz unbeobachtet zwischen all ihren Instrumenten. Mehr als zwei Stunden haben sie uns damit behutsam in ihr neues Album »Close to the glass« eingeführt – und, um auch unsere nostalgische Seite wie einen alten Freund zu umarmen, uns neu interpretierte Klassiker geschenkt.

Ganz wunderwunderwunderbar war es also gestern und wer jetzt ganz neidisch ist: Die Guten kommen wieder und das gleich zwei mal (!!!) und zwar am 25. und 26. Mai ins Astra Kulturhaus. 

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